Zahnarzthaftung – Das solltest Du wissen
Einem Besuch beim Zahnarzt wird von vielen Menschen oft nicht gerade mit Vorfreude begegnet. Um so schlimmer ist es dann für den Patienten, wenn die zahnärztliche Behandlung nicht zu dem gewünschten Erfolg führt oder die Beschwerden anschließend gar schlimmer werden. Hier erfährst du, welche Rechte du hast und wie wir dir zur Seite stehen können.
Einem Besuch beim Zahnarzt wird von vielen Menschen oft nicht gerade mit Vorfreude begegnet. Um so schlimmer ist es dann für den Patienten, wenn die zahnärztliche Behandlung nicht zu dem gewünschten Erfolg führt oder die Beschwerden anschließend gar schlimmer werden. Hier erfährst du, welche Rechte du hast und wie wir dir zur Seite stehen können.
Zusammenfassung
Um einen Behandlungsfehler nachzuweisen, genügt meist nicht allein die Zweitmeinung eines anderen Zahnarztes. Vielmehr ist der Nachweis leider mit einigen Hürden verbunden. In jedem Fall sollten Patienten Behandlungsunterlagen gut aufbewahren und sich ggf. eine Kopie der Patientenakte herausgeben lassen. Auch sollten Patienten das Gespräch mit dem behandelnden Arzt suchen. Wenn das Vertrauen in den Arzt tief erschüttert ist, sollten Patienten vor Beginn einer Alternativbehandlung einen Rechtsanwalt kontaktieren. Andernfalls könnten dadurch zusätzliche Kosten entstehen.
Behandlungsfehler und zahnärztliche Pflichten
Ein ärztlicher Behandlungsfehler liegt dann vor, wenn der Arzt bei der Behandlung die ihm obliegenden Pflichten verletzt. Aufgrund der Komplexität medizinischer Eingriffe, sind diese Pflichten vielseitig und umfassend. Daher ist darüber hinaus entscheidend, ob dem Patienten durch die verletzte Pflicht auch ein tatsächlicher Schaden entstanden ist. Nur wenn es gelingt, den erlittenen Schaden unmittelbar auf die Pflichtverletzung des Arztes zurückzuführen, kann ein Behandlungsfehler geltend gemacht werden.
Aufklärungsfehler
Bevor ein Arzt einen medizinischen Eingriff vornehmen darf, benötigt er die Einwilligung des Patienten. Damit der Patient weiß, in was er einwilligt, muss vor dem Eingriff eine umfassende Aufklärung erfolgen. Dabei gilt: Je schwerwiegender der Eingriff und die damit verbundenen Risiken, desto umfangreicher die Aufklärung. Insbesondere soll die Aufklärung folgende Punkte umfassen:
Bei zahnärztlichen Behandlungen spielt die wirtschaftliche Aufklärung dabei eine wesentliche Rolle, denn viele zahnärztliche Behandlungen werden von den Krankenkassen nicht oder nur teilweise bezuschusst. Der Patient zahlt daher oftmals einen hohen Betrag selbst. Daher ist der Arzt verpflichtet, den Patienten vor der Behandlung über die Kosten in Textform aufzuklären. Unterlässt er dies, obwohl er weiß, oder hätte wissen müssen, dass die Kosten nicht übernommen werden, kann der Patient dem Honoraranspruch des Zahnarztes einen Schadensersatzanspruch aus Pflichtverletzung in gleicher Höhe entgegenhalten. Befürchtest du, dass bei dir gegen die wirtschaftliche Aufklärungspflicht verstoßen wurde? Unsere Spezialisten im Medizinrecht stehen dir gern zur Seite und unterstützen dich bei der Durchsetzung deiner Interessen.
Befunderhebungs- und Diagnosefehler
Als besonders schwerwiegend werden häufig die sog. Befunderhebungsfehler angesehen. Der Arzt hat die Pflicht, alle zu Diagnostik gebotenen und notwendigen Befunde zu erheben. Ob ein Befund geboten ist, hängt davon ab, ob es dem fachärztlichen Standard entsprochen hätte bzw. ob sich die Notwendigkeit der Befunderhebung bei dem behandelnden Arzt hätte aufdrängen müssen. Dies zu beurteilen fällt oft schwer. Denn bei der Abwägung müssen sowohl der fachärztliche Standard, aber auch die Umstände des Einzelfalls abgewogen werden. Wurden die nötigen Befunde zwar erhoben, diese jedoch fehlerhaft Interpretiert, liegt ein sog. Diagnosefehler vor. Auch hier muss anhand der Umstände des Einzelfalls wieder bewertet werden, ob die fehlerhafte Interpretation fachlich nachvollziehbar war. War sie es nicht und kam es aufgrund dieser Fehlinterpretation zu einem Schaden beim Patienten, liegt ein Behandlungsfehler vor.
Therapiefehler
Ein Therapiefehler ist der Behandlungsfehler im klassischen Sinn. Dieser liegt vor, wenn der behandelnde Arzt entweder die falsche Therapie einschlägt oder die Behandlung fehlerhaft ausführt. Auch hier muss der Arzt dabei vom fachlich anerkannten Standard abgewichen sein.
Wie weise ich einen Behandlungsfehler nach?
Die Beweislast für einen Behandlungsfehler trägt grundsätzlich der Patient. Das führt oft zu Schwierigkeiten, da der Patient selten Fachkenntnisse hat und so nicht feststellen kann, ob er tatsächlich entgegen dem fachärztlichen Standard behandelt wurde. Daher gibt es einige Vorschriften, die diese Beweislast zugunsten des Patienten umkehren. Liegen die Voraussetzungen dieser Vorschriften vor, muss der Arzt nachweisen, keine Pflichtverletzung begangen zu haben.
Aufklärungspflicht
Ist der Arzt seiner Aufklärungspflicht nicht nachgekommen, liegt keine wirksame Einwilligung des Patienten vor. Behauptet der Arzt, die Beschwerden des Patienten über diese Komplikationen seien auf eine vorab bekannteKomplikation zurückzuführen, so muss der Arzt auch beweisen, dass er den Patienten über diese Komplikation im Vorfeld wirksam aufgeklärt hat.
Dokumentationspflicht
Ein ähnliches Problem besteht für den Arzt beim Vorliegen eines Verstoßes gegen die Dokumentationspflicht. Dabei gilt der Grundsatz: Alles, was dokumentationspflichtig ist aber nicht dokumentiert wurde, wurde im Zweifel nicht gemacht. Möchte der Arzt sich auf das Gegenteil berufen, muss er hierfür den Beweis erbringen.
Grober Behandlungsfehler
Ein grober Behandlungsfehler liegen vor, wenn der Arzt eindeutig gegen bewährte ärztliche Behandlungsregeln oder gesicherte medizinische Erkenntnisse verstoßen und einen Feheler begangen hat, der aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint, weil er einem Arzt der entsprechenden Fachrichtungschlechterdings nicht unterlaufen darf. Um die beurteilen zu könnenist nicht nur juristischer, sondern oft auch medizinischer Sachverstand notwendig. Wird ein solch grober Behandlungsfehler bestätigt, muss der Arzt nachweisen, dass der Schaden des Patienten hierauf nicht beruht.
Voll beherrschbares Risiko
Die Beweislastumkehr tritt auch ein, wenn das Risiko für den Zahnarzt voll beherrschbar war. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn Behandlungsmaterialien in der Wunde vergessen werden, der Behandlungsfehler also durch entsprechende Vorsichtsmaßnahmen hätte verhindert werden können. ob ein solcher Fall vorliegt, ist juristisch zu beurteilen. Hier ist anwaltlicher Rat sinnvoll.
Häufige zahnärztliche Behandlungsfehler
Es gibt einige Behandlungen bei denen leider sehr häufig Fehler passieren.
Wurzelbehandlung
Eine besonders häufige Fallgruppe ist die Wurzelbehandlung. Hier kommt es häufig zu Verletzungen von Nervenbahnen, die nah an der Zahnwurzel verlaufen. Bei den betroffenen Patienten kommt es dann zu langwierigen und intensiven Schmerzen. Auch kann es zu Sinneseinschränkungen kommen. Problematisch bei dieser Fallgruppe ist der Nachweis eines Behandlungsfehlers. Denn grundsätzlich trägt der Patient die Beweislast. Es ist daher genau zu prüfen, ob die Beweislast zu Lasten des Zahnarztes umgekehrt werden kann. Andernfalls müsste der Patient auf die Erstellung eines Gutachtens zurückgreifen. Eine anwaltliche Einschätzung kann dir hier bei der Frage, ob ein Gutachten erforderlich ist, weiterhelfen.
Zahnersatz
Bei Zahnersatz muss zwischen Planungsfehlern und Herstellungsfehlern unterschieden werden. Bei der Planung des Zahnersatzes schuldet der Zahnarzt keinen konkreten Erfolg, da er nicht alle Umstände beeinflussen kann. Anders sieht es dagegen bei der reinen Herstellung des Zahnersatzes aus. Die im Labor gefertigten Implantate unterliegen dem Werkvertragsrecht. Das bedeutet, dass ein mangelfreier Zahnersatz geschuldet wird. Dabei ist das Labor jedoch auf die Befunderhebung des Zahnarztes angewiesen. Meist bleibt jedoch der Zahnarzt Vertragspartner und Gewährleistungsansprüche können gegenüber diesem geltend gemacht werden. Ist der Zahnersatz mangelhaft, weil er sich nicht richtig eingliedert, verfärbt oder nicht hält, kann der Patient grundsätzlich die Nachbesserung verlangen. Dabei wird dem Zahnarzt das Recht eingeräumt auch mehrfach nachträgliche Anpassungen vorzunehmen. Sollte der Zahnarzt die Ansicht haben, dass der Zahnersatz mangelfrei ist, kann er die Nachbesserung verweigern. In diesem Fall muss dann ein Gutachten für Aufklärung sorgen. Die Einschätzung eines anderen Arztes genügt oft nicht.
Aligner
Besonders im Trend liegen derzeit die sog. Aligner-Behandlungen. In vielen sozialen Netzwerken wird für diese Behandlungsform über sog. Influencer Werbung gemacht. Bei Aligner-Behandlungen wird nach einem Scan mit Hilfe einer meist durchsichtigen Kunststoffschiene die Zahnstellung korrigiert. Dazu muss der Patient verschiedene Schienen nacheinander tragen, bis die Zähne die endgültige Stellung erreicht haben. Was sich einfach anhört, kann mitunter sehr kompliziert werden. Wird die Vermessung nicht ordentlich gemacht oder werden individuelle Besonderheiten nicht berücksichtigt, sind die dann angefertigten Schienen meist nutz- und wertlos. Leider stellen wir immer wieder fest, dass die Eingangsuntersuchungen bei den Partner-Zahnärzten unzureichend erfolgt. Dadurch kommt es dann zu teilweise gravierenden Folgefehlern, denn die Schienen werden meist gleich für den gesamten Behandlungszeitraum angefertigt und an den Patienten geschickt. Wurde zu Beginn der Behandlung ein Fehler gemacht, so zieht sich dieser dann womöglich durch alle Schienen. Unsere Erfahrung zeigt auch: Hat der Patient erstmal die Schienen erhalten, wird es für Ihn schwer die erhaltene Leistung zu reklamieren und eine Nachbesserung zu erhalten. Besonders ärgerlich ist dies auch, weil die Behandlung meist komplett selbst finanziert werden muss. Preise über 3000,00 Euro sind nicht selten, wobei der Patient oft auch mit scheinbar günstigeren Abo-Angeboten gelockt wird. Problematisch bei diesen Behandlungen ist oft auch die vertragliche Situation. Die Aligner werden meist nicht von den Zahnärzten selbst, sondern von einem Drittanbieter angefertigt. Der Zahnarzt stellt für den Scan der Zähne und des Kiefers oft nur seine Praxisräume und Geräte zur Verfügung. Je nach Anbieter wird selbst die Auswertung des Scans vom Anbieter der Aligner übernommen. Der Zahnarzt fungiert daher nur als Erfüllungsgehilfe vor Ort. Gegen wen die möglicherweise bestehenden Ansprüche zu richten sind, sollte daher vorab sorgfältig geprüft werden.
Deine Rechte bei zahnärztlichen Behandlungsfehlern
Ist der Behandlungsfehler erstmal passiert, möchte der Patient eine möglichst schnelle und nachhaltige Linderung. Allerdings sollte nicht vorschnell gehandelt werden, denn wer die Rechte des Zahnarztes nicht beachtet, läuft Gefahr am Ende die Kosten der Folgebehandlungen selbst tragen zu müssen.
Nachbesserungsrecht des Zahnarztes
Dem behandelnden Zahnarzt steht grundsätzlich ein Nachbesserungsrecht zu. Wie oft der Patient dem Zahnarzt die Möglichkeit zur Nachbesserung eingeräumt werden muss, richtet sich nach vielen Faktoren, wie z.B. die Art und die Komplexität des Eingriffs oder die Zumutbarkeit für den Patienten. Es gibt auch Konstellationen, in denen ein Nachbesserungsrecht wegen Vertrauensbruchs ausgeschlossen wird. Allerdings sind die Voraussetzungen dafür sehr streng. Sollte deinerseits das Vertrauen in den Zahnarzt erschüttert sein, solltest du vorab von einem Rechtsanwalt prüfen lassen, ob die Voraussetzungen tatsächlich vorliegen. Andernfalls könnten enorme Folgekosten auf dich zukommen.
Schadenersatz und Schmerzensgeld
Sofern eine Nachbesserung nicht möglich und der Behandlungsfehler anerkannt oder bestätigt ist, hast du einen Anspruch auf Schadensersatz- und Schmerzensgeld. Dieser Anspruch bemisst sich nach dem tatsächlich entstandenen Schaden und den erlittenen Schmerzen. Insbesondere letzteres ist immer schwer in Zahlen auszudrücken. Daher werden für die Bemessung des Schmerzensgeldes Vergleichsurteile herangezogen. Die dort zugesprochene Summe kann jedoch nicht einfach so übertragen werden. Vielmehr müssen die Einzelheiten des Falls mit den Umständen des Urteils vergleichen und angepasst werden.
Was kann ich als Patient tun?
Als Patient solltest du dir zunächst alle Patientenunterlagen in Kopie herausgeben lassen. Zwar wirst du anhand der Patientenunterlagen selten sofort einen Behandlungsfehler feststellen können, aber du sicherst so die Beweismittel und kannst nachträgliche Änderungen verhindern. Sollte dein Arzt dir die Unterlagen nicht herausgeben, kann dir ein Rechtsanwalt helfen. Nachdem du die Unterlagen hast, solltest du die Beauftragung eines Gutachters in Erwägung ziehen. Wenn du gesetzlich krankenversichert bist und es sich handelt um eine Leistung handelt, die von der gesetzlichen Krankenversicherung finanziert wurde, kann ein kostenfreies Gutachten beim medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) beantragt werden. Bei privat versicherten Patienten oder Eigenleistungen muss überlegt werden, ob ein Privatgutachten sinnvoll ist. Auch hier lohnt sich oft die Einschätzung eines Rechtsanwalts. Bist du dir unsicher, ob ein Behandlungsfehler vorlag? Dann lohnt es sich oft bei einem anderen Arzt um eine Zweitmeinung zu bitten. Wenn dieser den Verdacht bestätigt, bietet es sich an, weiter vorzugehen.
Wann ist ein Anwalt sinnvoll?
Gesundheit ist ein wichtiges Rechtsgut. Umso schwerer wiegt es, wenn dieses Gut einen Schaden erleidet. Daher lohnt es sich immer dafür zu kämpfen. Da das Behandlungsfehlerrecht viele rechtliche Abwägungen und Beurteilungen erfordert, solltest du dir anwaltliche Unterstützung suchen, wenn du durch den Behandlungsfehler entweder einen hohen gesundheitlichen oder wirtschaftlichen Schaden erlitten hast oder dieser droht. Ein Rechtsanwalt hilft dir dabei deine rechtlichen Interessen durchzusetzen.
Bei nahezu jeder medizinischen Komplikation lohnt sich eine anwaltliche Beratung, denn es könnte ein Behandlungsfehler vorliegen…
Rechtsanwalt Christoph Lattreuter
„Bei nahezu jeder medizinischen Komplikation lohnt sich die anwaltliche Beratung, denn es könnte ein Behandlungsfehler vorliegen“
Christoph Lattreuter Rechtsanwalt
WKR Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
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